Caro

Thomas

Dezember 26, 2019
12 min read

Zurück nach Osten und zurück in die Heimat

Ende November entscheiden wir uns, die Reise zu beenden und im Dezember nach Hause zurückzukehren.

Ende Novemeber stehen wir vor einer Entscheidung: wir sind fast 6 Monate unterwegs, haben zahlreiche Klettergebiete besucht, vielfältige Landschaften gesehen und fühlen uns teils eher überladen von Eindrücken als durstig nach neuen Abenteuern. Was nun?

Zuhause steht in Kürze Weihnachten vor der Tür und auch die Einladung zur Silvesterparty mit der Stuggi-Studi-Clique kam gerade rein. Die Omi wünscht sich seit Wochen, "ach kommts doch Weihnachten heim". Und so entstand ein kleiner Gedanke, der allmählich zu einem Wunsch heranwuchs: Weihnachten mit der Familie und Silvester mit Freundinnen+Freunden verbringen! Doch wie ist das möglich?

Wir verlassen gerade das Yosemite-Valley und machen uns auf den Weg nach Bishop, als ich zum ersten Mal recherchiere, ob denn eine frühzeitige Heimkehr überhaupt möglich wäre: über 3000km sind es von Las Vegas an die Ostküste, von wo ein Schiff unsren Bus zurück nach Hause bringen könnte. Genauso weit ist es nach Vaduz, dem mexikanischen Hafen, der eine Roro-Verschiffung anbietet. Warum stellt ihr nicht den Bus ab und kommt einfach über den Jahreswechsel nach Hause? - Nein, das kommt nicht in Frage. Wir wollen nicht so viel fliegen! Und auch mit der Aussicht, dass unsere Reise wohl kein Jahr mehr, sondern maximal noch ein paar Monate gehen wird, stellt ein kurzer Besuch zuhause keine Option für uns dar.

Ein Blick in die Vergangenheit - Pläne ändern sich#

Ende 2018, als der erste Plan der Reise entstand, waren Motivation und Abenteuerlust groß und die Idee ging soweit, dass wir innerhalb eines Jahres von Kanada bis Argentinien reisen wollten. Diesen Plan haben wir im Laufe der ersten Monate schnell verworfen und hatten somit den Hafen in Panama als Ziel unsrer Route im Visier. Hauptgrund hierfür war die Zeit, die uns nach jeweils 3 Monaten Kanada - USA - Mexiko noch zur Verfügung stehen würde. Wer sowohl in Mathe als auch beim Lesen aufgepasst hat, weiß nun, dass noch maximal 3 Monate über bleiben. Und in 3 Monaten wollen wir nicht von Mexiko nach Argentinien hetzen und selbst der Weg nach Panama würde uns nicht durch alle Länder Mittelamerikas führen.

Auch entwickelte sich unser Gefühl im Laufe der Reise eher dahingehend, dass wir nicht erst nach 365 Tagen wieder nach Hause kommen wollten. Somit schienen sich Ablauf + Route nach dem ersten halben Jahr von einem Kletterspot zum Nächsten dahingehend zu entwickeln, dass wir in Mexiko ein paar entspannte Wochen Kultur + Kletterei genießen, uns dann ein paar weitere schöne Ecken Mittelamerikas ansehen, bevor es von Panama aus im April nach Hause gehen sollte. Besonders freuten wir uns auf die Aussicht in Mexiko wieder mit unserm Kumpel Pät aus Vancouver abzuhängen. Der hatte schon lange geplant den Winter in Mexiko zu verbringen und dort ein paar Klettergebiete auszuchecken. Außerdem sah es so aus, dass ein Kumpel und eine Freundin von Zuhause ihren großen Urlaub 2020 so planen, dass sie uns in Mittelamerika treffen. Das würde uns sicher gut tun. Wir zwei verstehen uns super gut - trotz engem Raum für mehrere Monate. Dennoch wäre es schon schön, mal wieder ein paar andere Gesichter und Meinungen zu sehen + hören.

Ende November - Eine Entscheidung muss her#

Zurück nach Bishop und in der vorletzten Novemberwoche - DAS Highlicht der Reise, das Yosemite-Valley, liegt gerade hinter uns. Was soll das noch toppen? Der Energievorrat könnte größer sein, Zeit genommen zum Verarbeiten der Erlebnisse haben wir uns schon länger nicht mehr, der Thomas hat natürlich schon die nächsten Klettertouren und auch Berge im Auge, ... Ich brauch erstmal eine Pause! Und diese erschöpfte Stimmung zusammen mit dem Wunsch Weihnachten zuhause zu verbringen, machen es schwer, eine rationale Entscheidung zu treffen, wie die Reise weitergehen soll.

Nach dem ein oder anderen Telefonat, ein paar Tränen, vielen Stunden mit mulmigem Gefühl im Bauch, etwas Ruhe und einem Wochenende draußen zum Bouldern + Klettern, ... setzen wir uns nochmal zusammen und nehmen die Mexiko-Führer in die Hand.

Bisher haben wir uns noch nicht groß mit dem Thema Mexico beschäftigt. Wir wissen schon, wie+wo wir über die Grenze kommen. Starten wollen wir mit der Baja. Doch so richtige Vorfreude herrscht nicht, da wir viel zu wenig wissen. Klar, reizen uns die fremde Kultur und die sprachliche Herausforderung. Der Thomas übt schon seit Wochen mit einer App Spanisch. Meine Motivation hielt sich auch da bissl in Grenzen und ich hab bis auf paar Vokabeln die Spanisch-Aufrischung recht schleifen lassen...

Doch wir wollen uns die Kletterführer mal genauer ansehen. So viele Leute, denen wir berichten, dass uns unsere Route nach Mexiko führen wird, reagieren begeistert und schwärmen von den tollen Klettergebieten, wie z.B. Puerto Chico. Die beiden Bücher, die wir noch zuhause gebraucht gekauft hatten, umfassen das ganze Land und beinhalten sogar 5 Gebiete auf der Landzunge, die wir zuerst besuchen wollen. Wir entdecken auch viele lange Wände und ein paar abenteuerliche Touren, die durch Alex Honolds Free-Solo-Begehungen bekannt wurden. So ist der amerikanische Superstar auf zahlreichen Abbildungen in den Büchern zu finden. Sieht also mal wieder so aus, als gäbe es eine Menge zu klettern in der nächsten Episode unsrer Reise... Auch Infos zu Land, Leuten und Themen wie der Sicherheit finden wir in den Kletterführern: Man solle sich keine Sorgen machen und komme beim Beachten von ein paar Tipps sehr gut durch das schöne, kulturreiche Land.

Doch irgendwie will sich diese Vorfreude nicht so einfach wecken lassen... Der Kopf sagt freilich, so nah kommen wir und vor allem unser Bus Mexiko so schnell nicht wieder. Und unsere bisherige Reise durch Nordamerika bot noch keine kulturellen Abenteuer für uns, auf die wir uns eigentlich auch sehr gefreut hatten. Aber sollte diese Entscheidung wirklch vom Kopf getroffen werden? Das Herz will freilich heim, aber der Bauch ist sich noch nicht so sicher, wie es weitergehen soll...

Es wird eine Überraschung geben - Wir machen uns auf den Heimweg!#

Hatte sich der Gedanke in den Tagen vor der Entscheidung noch nach "Aufgeben" angefühlt, so steigt die Vorfreue auf Zuhause mit jedem Moment seit der Entscheidung. Es ist uns echt schwer gefallen und wir haben noch einen weiten Weg vor uns, aber er wird sich gelohnt haben! 😉

Am 20. November buchen wir unseren Flug von New York nach Frankfurt für den 10. Dezember. Unser USA-Visum endet am 12.12. und den Bus werden wir am Montag, dem 9.12., in Baltimore (3h südlich von NYC) abgeben. Somit haben wir noch knappe 3 Wochen. Doch wir haben noch gute 4000 km von West nach Ost hinter uns zu bringen. Zuerst wollen wir noch die Klettergebiete im Sandstein Nevadas und Utahs mitnehmen, bevor wir von unsrer bisher geplanten Route abweichen werden.

Die wohl größte Herausforderung für die nächsten Wochen: nix verraten! - Es soll eine Überraschung werden! Wir besprechen unsere neuen Pläne nur mit ein paar Freundinnen+Freunden, die keinen Kontakt zu unsere Familien haben. Die Sina weiß noch Bescheid und koordiniert unsere Ankunft in Mosenberg. Die Funkstille wird für mich sehr ungewohnt, wo ich doch sonst fast jeden Tag Kontakt zur Dori hatte. Doch die vermutet uns noch im warmen Utah, als wir schon Hunderte von Kilometern weiter östlich sind und wundert sich, warum es bei mir kalt ist und ich so früh wach bin... Es heißt also obachd geben, was ich schreib und auch, wann ich online geh, denn wir verringern auf der Fahrt nach Osten nicht nur die Distanz sondern auch die Zeit, die zwischen uns und Zuhause liegt.

Funkstille - Wir sind auf dem Weg zurück an die Ostküste#

Nach einem Besuch des Bryce Canyon Nationalparks am Sonntag, dem 24. November, verlassen wir an diesem Abend unseren geplanten Routenverlauf. Vor uns liegen 2500 Meilen - knappe 4000 km - Highway bis zum Hafen in Baltimore. Nach einem letzten entspannenden Bad in einer heißen Quelle am Morgen geht es los. Doch wir haben nicht mit so schlechtem Wetter gerechnet.

Als wir in Park City ankommen hat uns der erste Schneesturm eingeholt. Wir verschanzen uns im Whole Foods und planen unsere Route nach Osten. Am Abend wagen wir uns hinaus und fahren noch eine Stunde. Doch am nächsten Morgen liegt so viel Schnee und dazu Eis auf den Straßen, dass der Interstate 80 in Wyoming für einen ganzen Tag gesperrt und wir festsitzen.

So haben wir Zeit und der Artikel zum Fußabdruck auf der Reise wird endlich fertig. Doch wir sind unruhig, denn wir wollen weiterkommen und machen uns daher direkt wieder auf den Weg, als der I80 abends um acht wieder geöffnet wird.

In den ersten Tagen On The Road kommen wir nur langsam voran. Sogennantes Black Ice auf den Straßen und Schneeverwehungen erschweren die ersten Tage unseres Heimwegs. Schockiert sind wir immer wieder von den tonnenschweren Trucks, die uns überholen und scheinbar keine Angst vor der Glätte haben. Wir sehen den ein oder anderen im tiefen Schnee am Straßenrand liegen und sind heilfroh, als die Straßen freier werden.

Durch den Wintereinbruch ist es natürlich auch ganz schön kalt geworden. An vielen Tagen verweilen die Temperaturen im negativen Bereich. Wir packen die dicken Schlafsäcke aus und unser Gemüse in den Kühlschrank, sodass es warm bleibt! Beim Rekordtief von -19°C gefriert mal wieder alles. Der Wassertank, der mit knapp 20 Litern gefüllt ist, gibt keinen Tropfen mehr her und so füllen wir unsere Wasserflaschen an öffentlichen Waschbecken auf. Auch das Olivenöl hat seinen Aggregatszustand gewechselt und die Bohnen wollen nicht aus der Dose herauskommen... 😄 Wir nehmen unsre Brotzeit mit in den McDo und essen im Warmen. Gekocht wird am Abend im Bus mit Jacke+Mütze - Mei, freuen wir uns auf den warmen Kachelofen zuhause!

Auf der Höhe von Kansas-City wird es allmählich wieder etwas grüner und wir lassen den amerikanischen Winter hinter uns. Puh, geschafft - erstmal verschnaufen und die verspannten Muskeln + müden Knochen in der Boulderhalle wieder in Schwung bringen. Auch eine Dusche gibt's da für uns und free wifi - wir verbringen einen ganzen Tag dort! Und so hangeln wir uns weiter an Whole Foods und Gyms entlang und erreichen eine Woche vor'm Hafentermin Kentucky. Hier gibt's endlich wieder was zu Klettern - die Red River Gorge gilt (wie so viele andere) als DAS BESTE Klettergebiet Amerikas! 😄 Wir haben Glück und auch die Sonne schaut vorbei. Bewegung am Fels + Sonnenstrahlen erhellen die Stimmung, die nach all den kalten Tagen+Nächten und den vielen Stunden im Bus etwas angeschlagen war...

Unterwegs basteln wir am Adventskalender und wollen noch möglichst viele Blogartikel fertig stellen. Doch es gibt noch einiges zu tun und so sind wir in den letzten Tagen, nach der Ankunft in Baltimore, haupstächlich damit beschäftigt unsren Bus wieder "klar-schiff" zu bekommen. 😉

Hafen, Airbnb, Busfahren, Manhatten, Fliegen - Endspurt!#

Dann ist es soweit. Am Sonntag (8.12.) haben wir alles verpackt und die letzte Nacht im Bus auf amerikanischen Boden verbracht. Am Montagmorgen geht es zum Hafen. Die Abgabe verläuft reibungslos. Im strömenden Regen verabschiede ich mich und wünsch unsrem Tschampsdara eine gute Heimreise!!! Ein sehr komisches Gefühl, unser Zuhause zurückzulassen. Der Bus wird erst am 16.12. starten und gegen Ende des Jahres in Bremerhaven ankommen.

Wir verbringen noch einen Tag in einem Airbnb in Baltimore und machen uns dann mit dem Bus auf nach NYC! Von dort war der Heimflug günstiger und der Thomas möcht sich noch die Stadt ansehen. Also geht es mit Sack+Pack durch Manhatten...

...und den Central Park. Das Wetter haben wir leider noch nicht auf unsrer Seite. Und auch unser Handgepäck ist ganz schön schwer, sodass wir schnell müde werden.

So gitb's zum Abschluss noch eine entspannte Fährtfahrt mit Blick auf Miss Liberty und die beeindruckende Manhatten Skyline.

Und schon sitzen wir im Flieger in die Heimat...

Endlich Zuhause - Überraschung oder Schock?#

Am Mittwochnachmittag, dem 11. Dezember - genau 6 Monate nach Beginn der Reise - kommen wir wieder in Frankfurt an. "Sind gut über die Grenze gekommen!", schreiben wir in die Familien-Whatsappgruppe. Mit der Bahn geht es nach Steinau. Es ist bereits dunkel als wir ankommen und dicke Flocken fallen vom Himmel herab. Wir schleichen uns ums Haus herum und klopfen an den Rollo der Terrassentür. Der Norbert will seinen Augen nicht glauben, als er uns erkennt und macht die Tür direkt wieder zu! 😄 Doch nach dem ersten Begrüßungsschnapsal verfliegt der Schock und wir werden freudig aufgenommen.

Dass Thomas' Eltern spontan zu Besuch in Mexiko sind, hat uns seine Schwester dann aber nicht geglaubt - trotz des so gut gestellten Fotos! 😄

Nach zwei Tagen geht es weiter und auf zum nächsten großen Wiedersehen. Die Sina hat gute Pläne geschmiedet und so gelingen alle Überraschungen! 😊

Natürlich darf auch hier der schocklindernde Begrüßungsschnaps nicht fehlen. 😉

Jetzt sind wir schon über zwei Wochen zuhause und haben uns sehr an die warmen Kachelöfen und die schöne Gesellschaft gewöhnt. Wir freuen uns schon wieder auf die nächsten Abenteuer, aber erstmal wollen wir euch natürlich auch alle wiedersehen!

Bis dahin gibt es noch ein paar Blogartikel aus Amerika, die auf ihre Fertigstellung + Veröffentlichung warten, also jetzt nicht gleich aufhören, deine Lieblingsseite regelmäßig zu besuchen! 😄