Caro

Thomas

Dezember 09, 2019
12 min read

Yosemite Valley

Im amerikanischen Klettermekka trohnen die Granitwände über'm beliebten Tal im Nationalpark - Wir haben ein paar von ihnen Anfang November erobert!

Wir haben bereits die Geburtsstätte und auch die Kletterhauptstadt des amerikanischen Kletterns besucht und davon berichtet - doch das unangefochtene Mekka unserer vertikalen Leidenschaft befindet sich in den High Sierras Kaliforniens: Das Yosemite Valley!

Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts beginnt die Kletterhistorie im Granitparadies. Geschichte schreiben zu dieser Zeit - wie auch heute noch - die Eroberungen der steilen Wände der Ikonen des Tals: Half Dome und El Capitan

Welcome to Yosemite Valley

Waren es vor gut 50 Jahren die Erstbegehungen der Granitmassife mit viel Sack + Pack sowie Ausrüstung im Gepäck, um sich langsam und mühselig nach oben zu arbeiten - so treibt der sportliche Ehrgeiz die neue Kletter-Generation an, Geschwindigkeitsrekorde zu brechen oder gar nur mit Schuhn + Chalkbag bewaffnet immer anspruchsvollere Routen im Free-Solo zu erklimmen.

Doch nicht nur für die Kletter-Community ist das Yosemite Valley ein magischer Ort. Millionen von Touristen strömen Jahr für Jahr ins Tal und sind von Natur- und Bergkulisse fasziniert.

Yosemite + Klettern...#

...gehören seit Jahrzehnten und nach wie vor einfach zusammen - das sehen nicht nur wir Kletterer so. An allen Ecken werden alte+jünge Eroberungen der Wände angepriesen und Bilder der Abenteuer gezeigt. Und selbst die kleinsten Besucher werden in den Hype mit hineingezogen.

Eine kleine Geschichte...#

unsrer Erlebnisse im Valley: Wir stehen am Supermarktparkplatz und machen uns gerade startklar für eine Tour - der Thomas ist gerade im Bus - ich stehe hinten am Kofferraum, habe soeben meinen Gurt angezogen und Suche Material heraus - Oh, look a real rock climber! ertönt es auf einmal hinter mir... Ich drehe mich verdutzt um - May we take a picture... - Ohne dass ich eine Antwort heraus bekomme sehe ich mich auf einmal von zwei kleinen Knirpsen umzingelt, deren Mutter nun ganz aufgeregt an ihrem Smartphone rumfummelt. Um mich etwas aus dem Rampenlicht zu stellen, gebe ich ihren Sprösslingen, die mir nicht mal bis zur Hüfte reichen, vorsichtig jedem ein Seil in die Hand. Doch die Beiden sind starke Jungs und halten die Seile brav hoch. Als ich dann einem noch meinen Helm aufsetze, flippt die Mutter total aus - Oh amazing - so wonderful! ...! Sie knipst eifrig ein paar Fotos. Dann ist das Spektakel zum Glück wieder vorbei Say thank you! und die beiden Kleinen bedanken sich ganz süß bei mir, woraufhin auch ich zu Wort komme You are welcome! :)

Der Thomas hat sich währenddessen schön im Bus versteckt. Auf dem Weg zum Fels müssen wir noch lang über diese witzige Begegnung und diese komischen Touristen lachen... :D

Die große Geschichte ...#

gibt's als coole Doku: Über Entstehung + Erfolge der Kletterei im Yosemite Valley erzählt der Film "Valley Uprising", den wir an der Stelle nur weiterempfehlen können. Hier geht es zum Trailer.

Die Nose...#

ist die wohl berühmteste Klettertour der Welt am größten Granit-Monolithen der Welt, dem El Capitan. Alles dreht sich um diese Nase... Sei es die vielen Speed-Rekorde, die Lichter in der Nacht oder der Wunsch nach einer freien Begehung (Babsi+Jakobo). Für viele ist DER Traum diese Tour zu klettern.

The legendary Nose

Das legendäre Camp 4#

Wie wohl die meisten Kletterer verbringen wir unsre die Nächte im Camp4. Der einfach gehaltene Campground hat eine lange Geschichte im Tal und bereits die ersten Kletterer verbrachten ihre Zeit hier. Vieles hat sich allerdings seit dem geändert und das Camp4 ist (jedenfalls in der Hauptsaison) total überlaufen. Es wurde die letzten Jahre sogar eine Art "Lotterie" eingeführt, auf die man sich für einen freien Platz bewerben muss. Das trifft zum Glück nur auf die Hauptsaison zu und Ende November hatten wir kein Problem einen Platz zu finden.

Camp4 Campground

Doch leider gleicht die Atmosphäre im Camp eher einem Morgen auf einem Festival und vom Spirit seiner Anfänge ist nicht mehr viel zu spüren. Die Novembersonne schaut erst recht spät im Camp vorbei und so qualmen bereits ein paar Feuerstellen. Kletterer wie auch Touristen bereiten sich ihr Frühstück zu und verbreiten eine Art Grill-Geruch in der Luft. Trotz der Warnungen vor Bären vor allem zu dieser Jahreszeit, liegt etwas Müll herum und auch das recht kleine Waschhaus wird nicht von allen so zurückgelassen wie es vorgefunden wurde... Wir fühlen uns nicht so richtig wohl und verbringen die Abende als auch die Nächte somit lieber in unsrem gemütlichen 4-Wänden. :)

Die kleine Stadt im Valley#

Die vielen Besucher & Besucherinnen wollen natürlich auch "versorgt" werden und so wachsen auch die Geschäfte im Valley immer weiter: Visitor Center, Outdoorladen, Supermarkt, sogar eine Klinik sowie Bibliothek und natürlich Hotels und Campgrounds - was ist für uns Kletterer hierbei interessant?

Free Showers!#

Die gibt es im "Curry Village". Dort den Schildern zum Pool folgen.

Free WiFi!#

Hier wird es schon etwas schwieriger - und das im Tech-Staat Kalifornien. Wir haben nur 2 Spots ausfindig gemacht. Im "Degnans Kitchen" hockt man wirklich schön, doch die Verbindung ist nicht immer die Beste. Die Option für schönere Tage ist draußen an der Bibliothek. Passwörter gibt's auf einem Schild im Visitor Center.

There is free Wifi in Yosemite Valley

Das Valley im Wandel der Zeit#

Wir waren bereits beide schon einmal im Frühjar hier und haben die tosenden Wasserfälle und blauen Seen bestaunt. Im Herbst ist das wieder ein ganz anderes Bild. Die Yosemite-Falls fließt kein einziger Tropfen mehr nach unten.

Yosemite Falls im Herbst und im Frühling

Auch die wunderschöne Spiegelung der Naturkulisse im Mirror Lake ist nur im Frühling zu bewundern und so liegen wir nach einer kleinen Wanderung im Herbst auf dem sandig trockenen Grund des Sees.

Mirror Lake im Herbst und im Frühling

Unser Alltag#

Oft wurden wir schon nach unserem Alltag gefragt und so richtig fanden wir noch keine Antwort darauf. Doch im Yosemite Valley kehrte auch bei uns mal wieder sowas wie Alltag ein. 😉

  • Aufstehen zwischen halb7 und halb8, zum Klogehen und Zähneputzen ans kleine Waschhaus vom Camp4
  • Zum Aufwärmen und Wachwerden ins Degnans Café
Cosy Athmosphere in Degnans Café in Yosemite Valley
  • Frühstück am Bus
  • Packen für die Tour - Auf geht's!
  • Klettern :)
Climbing Yosemite Valley
  • Den Nachmittag ausklingen lassen und noch am El Cap vorbeischauen, eine Dusche gönnen oder direkt
  • Zurück ans Camp4 und Abendessen kochen
  • Im Bett noch bissl fleißig sein am Laptop und früh schlafen :)

Unsere Touren#

Selbst wer keine Bigwall-Ambitionen mit ins Valley bringt steht vor einer Riesenauswahl an Kletter-Möglichkeiten: ob Bouldern, Sportklettern oder Tagestouren - für jeden Typ und von jeder Schwierigkeit ist was dabei! Wir haben uns natürlich wieder umgehört und viel rumgefragt nach Touren zum Reinkommen und nach ein paar Klassikern... Und die Liste wurde richtig lang! Wo fangen wir da mal wieder an?

Day 1 - Climb 1#

Wir haben uns für 5 Nächte im Camp4 angemeldet und somit 6 Tage Zeit im Valley. Wir starten am Ranger Rock und stehen vor zwei sehr beliebten Routen, die recht nah beieinander beginnen: After Six und Nutcracker. Der Thomas darf aussuchen und so geht es in den berüchtigten Nussknacker.

Starting the Nutcracker

Obwohl wir die leichtere Einstiegsvariante wählen, hat es die erste Seillänge gleich gut in sich. Dem Gummi vertrauen und auf Reibung stehen während die Hände ihren Halt im rechtsliegenden Riss suchen. Nach der ersten steilen Stelle flacht es ab und man kann nochmal durchatmen, bevor ein schönes Risssystem nach oben führt.

Nutcracker, Yosemite

Wir sind überrascht, wie abgeklettert die Tour ist - klar sie zählt zu den beliebtesten und meist begangenen im Valley, doch abgespeckter Granit - dass es den gibt, hätten wir nicht gedacht! Und so fällt das Stehen gar nicht so leicht...

Weiter oben erwarten uns noch zwei sehr steile Stellen, die gut absicherbar, für den angegebenen Grad aber ganz schön tricky sind! Doch die Auswahl an Tritten wird größer und somit auch deren Reibung besser. Und so geht es geschwind nach oben und wir kommen stolz + happy am ersten Ausstieg mit tollem Blick über's Valley an!

Day 2 - Climb 2#

Unser zweiter Klettertag führt uns an die Royal Arches - nicht direkt in die gleichnahmige Tour, auf die wir auch ein Auge geworfen haben, sondern erstmal in die Super Slide. Wir hatten mal wieder die klassischen Schwierigkeiten den Einstieg zu finden und befinden uns schon einige hundert Meter oberhalb als wir die eigentliche Route unter uns erspähen. Die erste Seillänge führt über leichtes Gelände und bissl Dreck aus dem Wald heraus und schon steht man wieder über'm Valley und kann sich am Ausblick erfreuen. :)

Weiter geht's durch den ersten von vielen tollen Rissen. Leider auch hier im 2. Teil der 2. SL schon etwas abgetreten und so ganz schön schmierig & schwierig! Doch es wird besser - viel besser. Nach einem schattigen Standplatzal in den Bäumen geht's hoch hinaus.

Und als wären das Risssystem, das uns nach oben führt, nicht schon schön genug - so wartet am Ende der offiziellen 4. SL (wir haben 3+4 gelinkt) ein super cooler, steiler Moove auf einen Klemmblock zum Standplatz hinauf!

In der letzten SL wird aus dem Hand- ein Fingerriss und die Schwierigkeit zieht nochmal gut an. Da freuen wir uns beide als wir jeweils oben ankommen und die Finger und vor allem Füße entspannen & die Aussicht genießen können! Die Rutschpartie nach unten alias Abseilpiste führt direkt über die Route und ist somit leicht zu finden. Wir haben noch ein Halbseil im Rucksack, um schneller abzuseilen. Doch zugegeben war das eher Trainingsgewicht für den Thomas, denn wir wären auch mit einem 60er Seil entspannt runter gekommen.

Die Super Slide empfehlen wir zum Warmup & Anfreunden mit Rissen + Reibung im Granit definitv weiter! 😉

Day 3 - Climb 3#

Heute ist Samstag und dementsprechend gut was los. Wir schauen nochmal an den Ranger Rock. Vielleicht geht ja heute doch die After Six? Als wir am Einstieg ankommen, ist garnicht ersichtlich wieviele Seilschaften denn anstehen bzw. drin sind - so Leute tümmeln sich in der Tour! Okay - die ist raus. Wir haben natürlich noch eine Alternative in der Hinterhand, denn es gibt sie noch, die kleinen Abenteuer (bzw. Old-School) Routen im Valley. Der Thomas hat da irgendwie ein Gespür dafür oder anders gesagt, wir landen früher oder später meist eh in den Touren. 🙈

Die Tour heißt Commissioner Buttress und ist rechts vom Nutcracker zu finden. So einfach ist das Ganze natürlich nicht, denn richtige Abenteuerrouten fangen mit einem falschem Einstieg an! Wir suchen ewig und finden dann einen möglich Einstieg. So wird die erste Rissseillänge einfach mal nach oben gegangen bevor der Thomas alsbald in einem ziemlichen Bruch steht. - Hier kann es nicht weitergehen und wir sind viel zu nah am Nutcracker - Caro ich komm wieder runter! Vorsichtig klettert er ab und wird die letzten rutschigen Meter noch gespottet...

Wir gehen wieder etwas weiter nach rechts und wieder etwas den Hang nach oben. Siehe da - auf einmal sieht der Einstieg wie auf dem Foto aus! Hier waren wir doch vor einer Stunde schon mal... Naja, jetzt kann es ja endlich losgehen!

Neben einem Baum geht es in einer ziemlich "runden" Verschneidung los, die alles andere als angenehm zu klettern ist. Weiter in einem Riss wird es immer steiler und kurz vor den ersten Stand nochmal durch ein Dach. Puh - Wenn das so weiter geht!. Zum Glück soll das gleich die schwerste SL gewesen sein.

Weiter geht's nach links und in ein etwas flacheres Gelände. Beim Blick nach oben sind schon die beschriebenen "steep double cracks" zu sehen. Diese lassen sich zum Glück super klettern und auch der zweite Standplatz ist bald erreicht. Der Blick schweift rüber zum Nutcracker, wo wieder mehrere Seilschaften am Stand hängen. Da haben wir es hier gemütlicher!

Gemütlicher werden auch die restlichen 3 Seillängen und sind angegeben mit 5.5 - viele Seilschaften schreiben, dass sie die Tour an diesem Punkt abbrechen und wieder abseilen. Doch wir klettern weiter, finden schöne Kletterpassagen und gewinnen immer weiter an Höhe.

Schon bald ist der Ausstieg erreicht und wir schauen den anderen Seillschaften im Nutcracker ebenfalls in der letzten Seillänge zu. Einer hat uns bemerkt und denkt sich wohl wo kommen die denn her?!.

Wir genießen die letzten Sonnenstrahlen in aller Ruhe bevor es an den Abstieg geht. Dieser führt in die gleiche Richtung wie der "normale" Ranger Rock Abstieg (etwas rechts halten) und trifft bald auf diesen.

Day 4 - Pause#

Nach drei Tagen und drei Touren wollen wir am Sonntag Pause machen und Energie tanken sowie die nötigen Vorbereitungen treffen für eine größere Tour am Montag. Das Wetter sieht nach wie vor super aus und wir hoffen, dass nach dem Wochenende wieder weniger los sein wird. Nur welche Tour wollen wir machen?

Day 5 - Climb 5#

Unsere Abschlusstour wird mal wieder das Highlight: Es geht an der östlichen Flanke des El Capitans hoch. Den Bericht zum Abenteuer East Buttress gibt's in einem separatem Blogartikel!

Und dann geht es schon wieder weiter - zurück über's Tolumne Meadow - wir sind froh, dass wir ein Glück mit dem Wetter und somit mit dem Tioga Pass haben, der Mitte November noch geöffnet ist und uns einen Riesenumweg erspart!

Eine Woche im Yosemite Valley - sicherliche eine der besten unserer Reise!!!