Caro
Thomas
November 28, 2019
11 min read
Klettern am South Lake Tahoe
...und was Bier, Äpfel und Bären damit zu tun haben ;)
Zum Warmup im Granit und zur Einstimmung auf die Touren im Yosemite geht es zuerst noch für ein paar Tage ins benachbarte Klettergebiet beim Lake Tahoe. Nach der tristen Wüstenlandschaft Nevadas, freuen uns über die tollen Farben bei unsrer Ankunft: Der blaue See, die grünen Wälder und die weißen Granitfelsen bestimmen das Landschaftsbild. Da fühlen wir uns doch gleich wieder wohl. 😊
Am nächsten Morgen geht es hoch nach Strawberry zur Lovers Leap - hier soll es die lohnensten Touren geben. Doch der Campingplatz, an dem eigentlich geparkt wird, ist bereits "closed for the season". Was nun?
Wir fragen in der Strawberry Lodge nach einem Rat und können direkt dort für die Nacht stehen bleiben (10$). Die Lodge macht einen einladenden + rustikalen Eindruck. Im Aufenthaltsbereich brennt ein großes Feuer und so freuen wir uns schon auf einen gemütlichen Abend nach der ersten Tour.
Lover's Leap - 1. Tour - West Face#
Nun aber auf zum Klettern! Wir packen die Trad-Sachen in den Rucksack und laufen am Campground vorbei und auf dem Trail bis unter die Wand. Wir haben die Route Corrugation Corner im Auge, die erst auf einem höheren Absatz startet. Dorthin gelangt man über die erste Seillänge der Traveler Buttress, die unser Kumpel Max empfohlen hat.
Die Startseillänge ist der absolute Wahnsinn und lässt sich wunderschön klettern. Der recht steile Start geht über in schöne Wandkletterei an guten Griffen und Tritten. Die Wand ist von mehreren "Dikes" (Quarzadern) durchzogen und somit ziemlich strukturiert. Eine letzte schwere Stelle durch einen steilen Riss und wir stehen auf der Ledge.
In der geplanten Tour macht sich gerade eine andere Seilschaft fertig, die wohl außenherum hochgelaufen sein muss (puh!). Wir haben keine Lust im Schatten zu warten und werfen doch mal einen Blick in die zweite SL der Traveler Buttress. Hier soll direkt die Crux der Tour warten, ein Körperriss zum Start.
Auch diese müssen trainiert werden und so starte ich (Thomas) in meine Lieblingsdisziplin. Der Start ist noch recht einfach und als ich zum eigentlichen Offwidth komme, entdecke ich weiter links einen feinen Fingerriss, den man doch mitnehmen könnte. Gesagt getan und so geht es schnell über die Stelle drüber, ohne sich mal wieder "aufzureiben" (im wahsten Sinne des Wortes 😎). Der folgende Handriss soll zu den besten der "Leap" gehören und ist ebenfalls ziemlich genial. Gute Entscheidung!
Die nächste Länge geht ziemlich ausgesetzt die Kante nach oben und Caro lässt mir nochmal den Vortritt. Zunächst noch über eine gesenkte Wand, bis es immer steiler wird und auf die Kante zugeht. Hier werden die Griffe wieder kleiner und über eine Links-Traverse kletter ich zum Stand mit zwei Schlaghaken. Die relativ kurze Länge ist Caro schnell nachgestiegen und macht sich bereit für die Nächste. Sind es noch ein oder zwei Längen? Und was ist bitteschön ein "Dike-Hike"? Caro klettert zunächst über weitere horizontale Dikes in dann etwas flacheres Gelände.
Oben scheint es nochmal steiler zu werden und unser 60m Seil ist bald ausgegangen. Ich mache mich ebenfalls ready und kletter hinterher. Bald sehe ich sie wieder und es scheint so, dass es nur noch ein paar Meter zum Ausstieg sind. Endlich höre ich ein lautes "Stand Thomas!" und ich steige die vollen 60m noch hinterher. Der Abstieg geht ost-seitig über einen Trail nach unten und wir sind in einer halben Stunde wieder zurück am Bus.
Wow - was für eine Tour gleich am Anfang! Darauf wollen wir uns nach dem Abendessen im Bus ein Bier in der Bar der Lodge gönnen. :) Dort lernen wir den Steve kennen, der direkt unter einem weiteren Kletterziel, dem "Sugarloaf" wohnt. Er hat viele Geschichten auf Lager und ist auch von unsrer total begeistert! Er bietet uns sein Grundstück zum Übernachten an und erzählt ganz stolz, dass schon einmal Kletterer bei ihm übernachtet haben, als eine Art Festival stattgefunden hat - das Klohäuschen habe sein Kumpel, der das organisiert hat, immer noch nicht abgeholt. Er möchte wissen, ob wir Angst vor Bären haben - äh gute Frage, erst kürzlich haben wir gelesen, dass in der Nähe vom Lake Tahoe ein Bär einen Van aufgebrochen hat... Doch er versichert uns, dass die kalifornischen Bären ganz harmlos sind und dass man vor denen hier oben keine Angst haben braucht. Er hat zur Zeit jede Nacht Besuch von einer Mum und ihren Cubs. Die sind kurz vor'm Winter auf Nahrungssuche und seine Apfelbäume seien ein Paradies für sie... Doch er ärgert sich, da sie die Äste abbrechen. Ganz aufgeregt packt er sein Handy aus und zeigt zuerst ein Bild von einem großen abgebrochenem Ast. Dann muss er lachen, denn das nächste Bild zeigt einen großen Haufen "Bear-Poo". Im Hintergrund ist das Klohäuschen zu sehen, das er schon erwähnt hat. You get it? The bear didnt make it in time... :D
Wir machen mit ihm aus, dass wir am nächsten Abend zu seinem Grundstück kommen werden, um dort zu übernachten und am Sonntag am Sugarloaf zu klettern. Unsre beiden Bier gehen auch noch auf seinen Deckel. So ein netter Kerl, ein perfekter Tag und ein perfekter Abend, den wir am Kaminfeuer ausklingen lassen!
Lovers Leap - 2. Tour - East Face#
Es ist Wochenende, wir noch etwas müde und die Sonne kommt eh recht spät in die Wand. Also lassen wir es morgens etwas gemütlich angehen, bevor es wieder an und in die Wand geht. Um zehn machen wir uns auf den Weg zur Lovers Leap. Wo kommen denn die ganzen Leute her? - an der geplanten Bears Reach stehen schon zwei weitere Seilschaften an und in der Ausweichtour The Line brauchen die zwei Mädels wohl noch etwas um ihren "double check" zu machen.
Zum Glück ist mal wieder die App "Mountain Project" unser Freund und wir finden eine ebenfalls gut bewertete Tour Heystack (5.8) im linken Teil der Wand. Hier soll ebenfalls immer viel los sein und eine Seilschaft vor uns ist bereits losgeklettert. Eine weitere Seillschaft stellt sich direkt noch hinter uns an. Mit den beiden kommen wir beim Warten gut ins Gespräch und bekommen noch ein paar Tipps für's Yosemite Valley mit auf den Weg.
Über die Tour selbst wollen wir an der Stelle mal nicht allzuviele Worte verlieren, denn bis auf den wirklich coolen Move durch den Überhang war die Tour zwar schön, aber nicht überragend. Vielleicht war die Messlatte nach gestern auch etwas zu hoch gelegen, doch warum hier soviele Leute Schlange stehen bleibt für uns ein Rätsel.
Sugarloaf#
Wir fahren am Abend noch zum Steve - mal sehen, ob die Bären noch ein paar Äpfel für uns übrig gelassen haben... Und tatsächlich, wir finden noch richtig leckere Äpfel und helfen bissl bei der Ernte. Wir kriegen so einige Äpfel zusammen und fragen uns, was der Steve wohl damit alles machen wird...
Die Felsen thronen direkt über dem Grundstück und wir sind schon gespannt auf den nächsten Tag.
Oder vielmehr auf die nächste Nacht? Wir finden nämlich ebenfalls die Hinterlassenschaften der Bären, denen die vielen Äpfel scheinbar garnicht so gut bekommen. Die prall gefüllten Apfeltüten stehen jetzt bei uns im Auto. Eine gute Idee? Wo sollen wir sie sonst hin tun? Der Steve meinte, er würde erst sehr spät am Abend heimkommen...
Die Nacht bleibt jedoch ruhig und wir hören und sehen nichts von Steve's Mitbewohnern. Doch wir sind nicht gerade unfroh, als wir am nächsten Morgen dem Steve die gepflückten Äpfel übergeben. Dieser freut sich und erklärt, dass er daraus Apfelchips macht. Zum Klettern möchte er nicht mitkommen heute, er macht sich mit Boot + Hunden auf den Weg zum Fischen.
Bis wir zu unserem Kletterfelsen starten dauert es mal wieder ein bisschen, was wir gleich beim Aufstieg bereuen. Die Sonne brennt bereits ganz schön runter und wir kommen ganz schön ins Schwitzen.
Sugarloaf gilt mit seinem "runden" Granit dem Yosemite ziemlich ähnlich und liegt einige hundert Höhenmeiter tiefer wie Lovers Leap. Die südseitigen Wände machen es zu einem idealen Wintergebiet.
Nachdem wir den Fels endlich gefunden haben, starten wir mit der Tour Farley (5.9): eine schönen Piazschuppe, in der wir die Reibung des glatten Fels gleich mal austesten können.
Dem Einen (Thomas) scheint das Ganze noch nicht zu genügen und er will noch den Klassiker des Gebiets The Fracture (5.10d) versuchen. Die Tour hatten ebenfalls die Jungs von gestern empfohlen und gleich dazu gemeint, dass das wohl kein Speziergang wird. Ein Fingerriss, bei dem sogannte "Lock-Offs" zum Einsatz kommen. Die Finger (meistens Zeige- und Mittelfinger) werden hier verdreht, um somit im Riss zu halten. Die Füße stehen wie auf rohen Eiern, doch die Friends und Keile finden zum Glück ihren Platz im Riss. In der Schlüsselstelle ist nochmal Balance gefragt und es gibt ein großes Aufatmen kurz vorm Umlenker: Micro-Adventure überlebt und Tour durchgestiegen 😊.
Wir bleiben noche eine weitere Nacht auf Steve's Grundstück stehen und können wieder (bzw. zum Glück) keine Bären beobachten.
Lovers Leap - 3. Tour - Bears Reach - Finally#
Am heutigen Klettertag soll es nun endlich mit der Bears Reach klappen. Wir halten zum Frühstück am Kletterladen, dessen Parkplatz schon Sonne abbekommt. Wir holen einen Kaffee und gönnen uns noch eine lokale Spezialität dazu: eine riesen Plunder-Schnecke! :P Did you guys stay at my friends Steve's? fragt uns der Besitzer - wie klein die Welt hier ist. Der Steve hatte wohl ebenfalls schon vorbei geschaut und eine ganze Ladung Äpfel dagelassen. Als er uns dann fragt ob wir ein paar Äpfel möchten, können wir uns das Lachen nicht verkneifen. Do you know who picked that apples? :)
Nun aber zu unserer langersehnten Tour! Wir kommen wieder am Einstieg an und es macht sich mal wieder eine Seilschaft gerade fertig. Die scheinbar Einzige am ganzen Felsriegel. Puh - die Tour ist echt beliebt. Die Beiden kommen jedoch auch aus Deutschland und so sind schnell ein paar Gesprächsthemen gefunden. Kurze Zeit später klettern wir auch schon hinterher.
Die Tour Bears Reach hat ihren Namen durch einen "weiten" Zug in der zweiten Seillänge. Im Video-Klassiker von der Speed-Free-Solo Begehung von Dan Osman springt dieser den Griff regelrecht an. Es macht den Anschein, dass ein Normalsterblicher diesen nie erreichen könnte. Link zum Video
Die erste Seillänge geht nach links in eine kleine Run-Out Traverse und weiter an ein paar teils hohl klingenden Schuppen zum ersten Standplatz.
Die zweite Seillänge können wir noch bei den anderen Beiden beobachten und müssen feststellen, dass der ominöse "Reach-Zug" wohl garnicht so weit ausschaut. Caro schnappt sich das Material und startet in die Seillänge. Auch für sie klappt die Stelle auf Anhieb und bald stehen wir auch schon unter der letzten Seillänge.
Super abwechslungsreiche Kletterei führt bis kurz unter den Ausstieg, wo es zwei Varianten gibt. Der direkte Weg wird wohl mit 5.9 bewertet und geht über eine Art Körperriss geradewegs nach oben. Zum Glück haben wir den 4er-Friend mit dabei, welcher perfekt in den Riss passt und die nötige Sicherheit für das ausgesetzte, abschließende Boulderproblem gibt. ;)
Somit geht die letzte Tour in der Tahoe Region zu Ende und wir machen uns wieder auf den Weg. Zuerst nochmal in den Touristenort South Lake Tahoe zum Wäsche waschen und Vorräte auffüllen und dann... :)
Auf in den Yosemite!#
Doch wie rum fahren wir? Der Tioga-Pass ist zum Glück noch offen und so bleiben wir auf der Ostseite der Sierras. Am nächsten Tag machen wir Pause in einem netten, kleinen Ort: Alpine Village. Dort gibt es an der Bibliothek auch draußen Wifi und einen schönen Park am Fluss. Am Abend halten wir in Bridgeport für ein Bad in den lokalen Hot Springs, wo wir ebenfalls kostenlos übernachtet können. Win-Win!