Caro
Thomas
September 25, 2019
11 min read
Smith Rock
Die Geburtsstätte des amerikansichen Sportkletterns stand schon zu Beginn der Reise auf dem Plan. Und das zu Recht!
Wow, das erste Klettergebiet, das wir in den Staaten besuchen, hat einiges zu bieten. Wir sind total begeistert und verbringen eine knappe Woche dort. Neben einer tollen Kulisse und Atmosphäre gibt es alles, was das Kletterherz begehrt: glatte Wände mit Leisten, steile Henkelparaden, senkrechte Risse und zum Abschluss eine super Mehrseillänge auf den Pfeiler, Monkey Face!
Wir wollen die Gelegenheit nutzen im Zuge der Vorstellung dieses coolen Gebiets einen Einblick in die Diversität des Kletterns zu geben. Denn Klettern ist ja nicht gleich Klettern. Und da ihr vielleicht nicht alle zu hundert Prozent vertraut seid mit diesem vertikalen Zeitvertreibt, gibt's in diesem Artikel mal ein paar Basics.
Lasst uns mal ganz von vorn beginnen... Denn kürzlich kam die Frage auf: "Woher wisst ihr denn eigentlich, was ihr da hoch klettert?"
Der Plan und das Guidebook#
Das steht im lokalen Kletterführer und wer diesen für's jeweilige Gebiet bestitzt ist klar im Vorteil. Klar finden sich auch im Internet zahlreiche Anregungen und auch Informationen, doch meist hilft es einfach mehr vor der Wand zu stehen und das Büchlein in der Hand zu halten. Das erklärt dir dann hoffentlich, wo und wie du welche Routen findest und wie schwer die sind als auch wie (gut) abgesichert / absicherbar... Nun, natürlich schwankt die Qualität zwischen all den Guidebooks, die es gibt. Manche AutorInnen geben sich viel Mühe und geben zusätzlich zu den Gebiets- und Routenbeschreibungen auch einen Einblick in die Geschichte und Umgebung des Kletterspots.
Also hat man nun so ein dickes oder dünnes Buch in der Hand und meist eine Riesenauswahl an Klettermöglichkeiten - und dann? Dann hilft es, wenn es im Führer eine Auswahl, eine BestOf oder eine klare Bewertung gibt. Dann fällt die Entscheidung leichter, wo man denn anfangen soll mit der Kletterei. Empfehlungen gibt es überall und immer sehr gern auch von Locals. Wer keine Leute trifft, kann im Internet recherchieren, denn eine Auswahl beliebter Routen eines Gebiets lässt sich meist finden.
Ein kleines Problem kann nun aber sein, dass man sich den Kletterführer vor'm Schlafen anschaut und schon einen Plan für den nächsten Tag hat. Steht man dann vor'm Fels, sind vielleicht nicht mehr alle Details parat. Und so erging es uns in der ersten Route im Smith Rock State Park.
Bewertungen - Sterne#
Ob nun Erdbeeren, Bierkrüge oder Sternchen - in vielen Kletterführern werden beliebte + lohnende Routen gekennzeichnet. Im Guidebook Smith Rock Select von Jonathan Thesenga gibt es eine Sterne-Berwertung von 0 bis 4 Sterne:
⭐️⭐️⭐️⭐️ | This route is amazig. If you climb the grade, don't go home without doing it. |
⭐️⭐️⭐️ | This route is excellent. Well worth doint it. |
⭐️⭐️ | This route is of average quality. Worth doing. |
⭐️ | This route is marginal. Do it only if you are really bored and have ticked everything else on the wall. |
No Stars | This is a pile and is included only because some idiot put it up between two other worthy routes that i wanted to describe. Don't say I didn't warn you! |
Jetzt kann sich wohl jeder denken, was gleich kommt - klar, wir starten mit einer 2-SL-Tour zum Warmup und rennen in der 2. Länge direkt in eine 0 Sterne Tour... Oben angekommen frag ich den Thomas noch, was das für ein Bruchhaufen war und ob das eine dieser 0 Sterne Touren war? Doch der ist sich sicher, dass die 2 Sterne hatte.
Wieder unten schauen wir nach - die Beschreibung der Route mit - Überraschung - 0 Sternen lautet: "(...) horribly runout and chossy. Avoid at all costs."
Es blieb zum Glück bei dem einen Verhauer und wir haben ab dann zweimal ins Guidebook geschaut und nur noch richtig coole Routen geklettert!
Bewertungen - Skala#
Eine weitere Herausfoderung war zu Beginn der Reise und ist es manchmal immer noch: die amerikanische Kletterskala. Es reicht ja nicht, dass es in Europa schon verschiedene Bewertungssysteme gibt - nein, hier wird es nochmal komplizierter gemacht.
Wir können uns also immer noch nicht merken, ob denn die 5.10c jetzt schon eine VII ist oder wann der achte Grad beginnt.. Zur Übersicht und uns zur Hilfe hier die Skalen (aus dem Guidebook abfotografiert):
Der Fels#
Selbst Gesteinsarten können sich innerhalb eines Klettergebiets ändern. Während im Hauptteil in Smith an Vulkangestein geklettert wird, findet man nur ein paar Minuten weiter im Lower Gorge sehr kompakten Basalt.
Let's Start - Sportklettern#
Da hier alles dabei ist, starten wir zum Reinkommen in den neuen Fels mit ein paar Sport-Routen. D.h. es gibt Bohrhaken, in welche wir die Expressschlingen einhängen und in die das Seil klippen. Oben angekommen gibt es dann zwei Bohrhaken, meist mit einer Kette verbunden und manchmal auch Karabiner, in die man sich direkt einhängt, um dann wieder nach unten zu kommen.
Hier könnten wir jetzt ins Detail gehen und noch auf die unterschiedlichen Arten und Qualitäten von Haken eingehen. Da wir aber auch noch was zum Gebiet sagen wollen, lassen wir das an dieser Stelle. 😏 😉
In Smith Rock finden sich relativ gute Klebe- und Anker-Haken. Für den Geschmack mancher sitzen die ersten Bohrhaken mancher Routen zu hoch. Daher bringen die dann einen sog. Klippstick mit, um die erste Sicherung bereits von unten mit diesem Stab einzuhängen. Kann man machen - muss man aber auch nicht. Wir haben ja zum Glück den Thomas dabei, der - wie wir ja schon wissen - auch ohne Sicherung super solide klettert. :-)
Glatte Wände mit Leisten#
Die gibt es in den meisten Sektorer im Hauptteil. Die Tritte sind am Anfang noch etwas gewöhnungsbedürftig, halten dann doch überraschend gut - man muss sich nur trauen. Von Weitem schauen die Smith-Wände noch ziemlich glatt aus, beim genauen "hinfassen" finden wir dann aber kleine Felsleisten, an denen es nach oben gehen kann.
Henkelparaden#
Also richtige Henkelparaden - Routen, die einen Henkel nach dem anderen bieten und man sich gar nicht entscheiden kann, wo man sich festhalten möchte. Und so geht es steil nach oben. Im Vulkangestein in Smith Rock finden sich einige solcher Routen mit tiefen Löchern in verschiedenen Schwierigkeiten, die steil nach oben führen. Da ist für jeden was dabei!
Projektieren - eine Sportart für sich?#
Umso schwerer die Route, umso kleiner die Leisten. Der nächste Griff muss anvisiert werden und die Bewegung auf den Millimeter genau sitzen. So erging es dem Thomas in der Route Dreamin' welche in der Grenze zwischen dem 8. und 9. Grad und somit auch an seiner aktuellen Grenze liegt.
Beim Projektieren geht es also darum, einzelne Abschnitte der Route isoliert zu versuchen, hoffentlich zu klettern und sich auch noch einzuprägen. Wenn dies gelingt, kann in einem späteren Versuch der komplette Durchstieg von unten angegangen werden.
Clean Climbing#
Was sauberes Klettern? Naja, sauber in dem Sinne, dass es kein Metall gibt, das in den Fels gebohrt wird. Eine traditionelle Kletterart findet sich meist in Rissen im Granit oder Sandgestein. Doch auch in Smith Rock - haupstächlich im Sektor Lower Gorge - gibt es einige senkrechte Risse zu klettern und erstes Training für die hohen Pfeiler im Indian Creek.
Hoch hinaus - MSL / MP - Monkey Face#
Mehrseillängen (MSL) oder auf englisch Multipitches (MP), also mehrere Routen (Seillängen) nacheinander ohne wieder runter zum Ausgangspunkt zu kommen, die gibt es natürlich auch in Smith Rock und wir sind auf diese Weise auf den wohl berühmtesten Pfeiler des Parks geklettert.
Schon von Weitem ist der Monkey Face auf der Rückseite des Tals zu sehen. Der Thomas hat diesen das erste Mal bei einem kleinen Trailrun entdeckt und nachdem die Caro das Foto gesehen hatte, war die Tour beschlossene Sache. In der West Face Variation vereint sich die Vielfalt des Smith Rock State Parks in einer Mehrseillänge.
SL1 - Schuppen + Friends: Die erste Länge startet in einem cleanen Riss, in welchem die Schwierigkeit direkt am Anfang liegt. Für den recht weiten Zug um die Ecke muss sich die Caro ganz schön lang machen. Dabei ist sie sich noch gar nicht sicher, ob dieser gelingen und der rote Cam halten wird. Das ist eben der Unterschied zu eingebohrten Routen, wenn die Sicherungen selbst gelegt werden müssen. Ein weiterer Friend gibt ihr dann doch den nötigen Rückhalt und oben ist sie! An schönen Schuppen geht es weiter hoch. Die Länge bietet glücklicherweise zahlreiche Möglichkeiten für Sicherungen zu platzieren (Placements). Und kurz bevor das Material aufgebracht ist, kommt die Kette in Sicht, die das Ende der Route ankündigt. Die Erleichertung ist zu hören - "Thomaaaas, Staaaand!!!".
SL2 - Kamin + Platte: Jetzt ist der Thomas dran und klettert, etwas links haltend, einen guten Riss an. Dieser wird nach oben jedoch immer breiter und bald befindet man sich in einem Kamin. Wie es Kamine so an sich haben, geht es nur langsam nach oben und auch die Sicherungen fallen etwas spärlich aus. Das leicherte Gelände geht danach in die Abschlussplatte, auf der die Länge mit einer weiteren Route (Pioneers Route) zusammenläuft.
SL3 - Bolts + Techno: Vom nächsten Stand geht es steil nach oben. So steil, dass die Kletterei irgendwo im 9/10. Grad liegen würde. In diesem Fall geht es mit technischen Hilftmitteln (daher der Begriff "Techno"-Klettern) weiter. Diese sind hier Bohrhaken, welche sehr dicht aneinander gesetzt wurden. So kann man sich von Haken zu Haken ziehen, was bei der Steilheit auch ziemlich in die Arme geht. Die Seilschaft vor uns hängt teilweise noch Strickleitern ein, um so die Arme zu entlasten. Die Caro startet nur mit einigen Exen + einem Fiffi (kurze Schlinge am Gurt) in die Länge und zieht sich so mit ein paar Pausen nach oben.
SL4 - "Panic Move + Henkelparade: Wir sind schon bei der letzten Seillänge angekommen, die laut dem Kletterführer zu den ausgesetztesten (zumin. in dem Grad) zählen soll. Es geht steil links ums Eck und unter unseren Füßen fällt die Wand senkrecht nach unten. Beim sogenannten "Panic Move", behält der Thomas die Nerven und es geht an guten Griffen in Richtung Gipfel.
Auch die Caro hat super viel Spaß und kraxelt die Henkelparade nach oben. Was für ein Finale!
Oben angekommen, genießen wir das Panorama und die warmen Sonnenstrahlen.
Ab nach unten - 60m freie Abseilpiste: What goes up, must come down... Und das Runter ist hier ebenfalls ein Highlight. Kaum vorstellbar, aber es geht mit einmal abseilen komplett nach unten. Die 60m-Seile werden hier aber auch benötigt und bald befindet man sich freihängend in der Luft. Der Wind fängt an zu wehen und man taumelt langsam nach unten.
Drum herum ums Klettern in Smith Rock#
Was gibt es neben dem Klettern noch in Smith Rock? Natürlich bietet der State Park auch schöne Wanderwege um die Felsen herum.
Coffee + Beer + Gear#
Diese prefekte Kombination gibt es im Städtchen Terrebonne, das auf dem Weg ins Klettergebiet liegt. Das Redpoint ist der lokale Klettertreffpunkt und ein Besuch sollte hier Pflicht sein. Super freundliche Locals mischen sich hier mit internationalem Publikum und diskutieren natürlich alle Themen rund um die Kletterwelt.
Camping + Parkplatz#
Es gibt einen Walk-In-Campingplatz direkt im Park, auf dem nur das Zelten erlaubt ist (16$/Tag/Auto). Im Auto darf nicht geschlafen werden. Dafür gibt es warme Duschen und das Parkticket ist bereits enthalten und gilt bis 13Uhr am Folgetag.
Wer nicht am Campingplatz bleibt, muss auf den gebührenpflichtigen Parkplatz (5$/Tag/Auto). Camping ist nicht erlaubt, dafür gibt es eine super Aussicht und einen tollen Sonnenuntergang. Der Park hat von "Dusk till Dawn" geöffnet. Einen kostenlosen Übernachtungsplatz gibt es ca. 15min entfernt im "BLM-Land". Dieser ist in den gängigen Apps wie iOverlander und auch im Dunkeln gut zu finden.