Caro

Thomas

Juli 26, 2019
8 min read

Der traurige Esel

Klettertour über den Dächern von Canmore - Unsere vierte Mehrseillänge in Kanada: EEYORE S TAIL

Klettertour über den Dächern von Canmore - Unsere vierte Mehrseillänge in Kanada: EEYORE'S TAIL

Die Tour, von der wir heute berichten, wurde nach dem Schwanz des missmutigen, kleine Esel aus Winnie Pooh benannt - Warum? Das wissen wir selbst nicht, aber der Charakter der Figur Eeyore entspricht zum Glück keineswegs dem der Tour am East End of Rundle (EEOR) über Canmore.

EEOR - Eeyores Tail - Geschafft

Unsere Geschichte beginnt bereits am Vorabend der Tour... ;-)

First, we need a plan#

Wir kommen nach einem coolen Klettertag im Black-Feather-Canyon beim Lake Minnewanka wieder am Auto an. Ein kleines Abenteuer erfolgreich beendet, also direkt den nächsten Plan schmieden – morgen den Mt. Louis? Auf dem Weg zum Schlafplatz oberhalb von Canmore schauen wir nochmal zum Visitor Center und nach einer Karte + weiteren Infos zur Tour...

Mt Louis, Gmooser, 5.9, 15p#

Zustieg: 6km und 600hm, dann 12 Seillängen klettern, 1h abseilen und den Weg wieder zurück... Klingt nach einem langen Tag. Wir fahren von hier eine halbe Stunde hin, also heißt es früh aufstehen! ...doch trauen wir uns diese Tour jetzt schon zu? Sind wir in dieser Saison schon so gut eingespielt als Seilschaft und schnell genug? Passt die Schwierigkeit, sodass wir in der Wechselführung klettern können und zügig voran kommen?

Wir sind uns nicht ganz sicher ...vielleicht finden wir noch einen Plan B – Der Thomas meint, dass das Schild „Sperrung Ha Ling Peak“ heute morgen am Parkplatz oben nicht mehr da war.

Ha Ling Peak, Northeast Face, 5.7, 11p#

Ha Ling Peak (früher - Chinamans Peak) ist der Hausberg von Canmore und da wir mittlerweile schon fast 2 Wochen in der Ecke hier sind, ist uns der natürlich schon mehrere Male ins Auge gestochen. Doch finden dort irgendwelche „constructions“ statt und daher gilt seit Aug 2018 eine „full mountain closure“... Auch unser Kletterführer beinhaltet eine Sportkletterroute mit 21 Seillängen. Wir finden eine weitere coole Tour online, die zu den Klassikern der Region zählt und packen motiviert die Rucksäcke für den nächsten Tag. Vom Schlafplatz aus ist es nicht weit zum Einstieg. Zu- und Abstieg zum Ha Ling schauen entspannt aus und auch die Tour sollte etwas leichter sein, sodass wir beide auf unsere Kosten kommen.

Abendessen mit Ausblick Ha Ling Peak

Wir essen noch am Visitor Center von Canmore zu Abend und haben einen coolen Blick auf den Berg für morgen. Direkt noch dort im Waschhäuschen Zähne geputzt – Overnight Parking ist leider nicht erlaubt hier – und dann geht es wieder hoch auf den nicht ganz so schönen Parkplatz. Und dort erwartet uns das Schild, das die ganze Zeit schon da steht und das der Thomas heute morgen irgendwie übersehen hat „full mountain closure Ha Ling Peak“... Mist, was jetzt? Trotzdem hoch? Doch zum Mt Louis? ...beide Optionen überzeugen uns nicht – Aber wart' mal: gegenüber sollen doch auch ein paar coole Routen drin sein. Der Thomas checkt nochmal die PDFs, die er zum Klettern in der Ecke hier runtergeladen hat: Ein weiterer alpiner Klassiker direkt vor der Tür! Nur eine genaue Beschreibung fehlt uns... Also wollen wir morgen ganz entspannt starten, am Nordic Center nochmal online nach weiteren Infos zur neuen Tour schauen und dann weiter hoch fahren, um die Tour zu machen. Mit gutem Gefühl – endlich einen guten Plan zu haben – schlafen wir ein.

EEOR: Eeyore's Tail, 5.8, 10p#

Nach zahlreichem Umplanen, finden wir am Morgen im Internet ein paar gute Infos zu einer Tour am East End of Rundle (EEOR): Eeyeore‘s Tail

How to get there and find the start...#

Der Parkplatz zum EEOR ist leicht zu finden: Es geht den Spray-Lakes-Trail ein paar Kilometer nach oben. Kurz nach dem Damm wird am ersten Parkplatz am See geparkt. Der Zustieg startet direkt gegenüber. Die Wand ist von der Straße aus bereits zu sehen. Sieht gar nicht mal so weit aus...

Doch erst mal gemütlich frühstücken. So entspannt könnte, wenn es nach mir (Caro) geht, jeder Tourentag starten. :-)

Parkplatz EEOR

Es dauert dann doch eine gute Stunde, bis wir den rechten Teil der Wand erreichen. Im Linken befinden sich mehrere Sport-Mehrseillängen. Doch wo befindet sich nun der Einstieg zur Route?

Eeyore's Tail - Wo ist die Tour?

Das Bild, das den Wandbereich und dessen Routen beschreibt, ist nicht aus unserer aktuellen Perspektive aufgenommen und die Orientierung fällt mal wieder schwer. Auch die Beschreibung ist etwas schwammig und erwähnt bereits, dass der Start "tricky to find" ist...

Let's Climb#

Die erste Seillänge passt nicht ganz zur Beschreibung... War es nur die erste oder doch gleich die ersten beiden? Dort wissen wir noch nicht, dass die Route mittlerweile saniert wurde und nun ein Bohrhaken den Einstieg markiert.

Trotzdem landet Thomas beim richtigen Standplatz und für die ersten Meter der zweiten Länge scheinen sich Topo + Fels einig zu sein. Das stimmt uns entspannter und wir genießen den Ausblick auf das Bow-Valley bei bestem Wetter.

SL2 - Über eine kleine Platte zum Stand

Weiter geht es nach oben wir kommen mehr und mehr in den Kletterfluss. Die Wand schaut schon gar nicht mehr so hoch aus - wo kommen denn da noch sechs weitere Seillängen?

SL3 - hoch hinaus

Seillänge Numero 4 startet mit einem kleinen Riss, der über einen Vorsprung zu leichterem Gelände führt. Achtung - nicht wie im alten Topo beschrieben nach einem Rechts-Schlenker zu weit nach links zurück, sondern ab einem Band gerade aus weiter hoch, dort befindet sich der neue Stand!

SL4 - Obachd, ned zu weid links!

Durch eine Verschneidung und ein kleines Dach geht es weiter zum nächsten Standplatz. Auf die sechste Seillänge sind wir schon gespannt. Das Topo spricht von "large right facing flakes" mit einem "sensational move". Eine super Länge, doch den sensationellen Zug können wir zwar erahnen, Freudenschreie bleiben aber aus... ;-)

SL5 - Wo ist der sensational move?

In der siebten Seillänge geht es mit einer Traverse nach rechts weiter. Gut stehen ist hier angesagt, sonst geht es in einem großen Bogen eine Etage nach unten.

SL6 - Traverse nach rechts

Am 7. Stand angekommen, schweift der Blick sofort nach links oben. Dort führen ein paar Bohrhaken in eine feine Risslinie, die gar nicht so ohne aussieht. Die ursprüngliche Route geht allerdings durch den (meist mosigen) Kamin auf der rechten Seite. Sollen wir diese Variante versuchen? Der Thomas kann dem Riss nicht wiederstehen und startet langsam und mit einer gewissen Anspannung in das unbekannte Terrain.

Abenteuer 7. SL

Die ersten Meter sind bereits nicht gerade leicht, doch die Bohrhaken vermitteln eine Gewisse Sicherheit. Also weiter nach oben in den cleanen Riss, in den nur sehr kleine Friends/Keile passen. Die letzte Absicherung liegt schon wieder ein paar Meter entfernt und auch die Caro bekommt beim Sichern schon fast schwitzige Hände.

An kleinen Griffen und schlechten Tritten bahnt sich der Thomas langsam seinen Weg nach oben und die Friends und Keile finden nach wie vor nur selten Platz in diesem dünnen Riss. Gegen Ende wird es zum Glück leichter, auch ein größerer Friend passt hier und so geht es über einen Vorsprung in den Endspurt zum Standplatz.

Thomas im Riss

Nach unserem Ausflug durch den Riss geht's zurück in die eigentliche Route. Ums Eck (nach rechts) herum klettern wir durch eine Rinne zum letzten Stand. Der befindet sich bereits im gefürchteten Kamin.

Vorletzter Stand

Der Kamin der letzten Seillänge - der Grund, warum viele Seilschaften die Tour bereits nach Seillänge 8 abbrechen und abseilen.

El Kamino

Wir wollen natürlich auf den Gipfel und so heißt es noch einmal die Nerven behalten.

"Climb the back of the chimney", meint das Topo - "Was ich soll wirklich da hinten drin hoch?", kann der Thomas erst gar nicht glauben... Ohne Sicherung geht es den düsteren Kamin hinauf. Nach guten 15 Metern findet dann doch ein Friend den Weg in den nassen Fels und es geht um einen großen, klemmenden Felsbrocken herum zurück ins Licht. Das Gehgelände zum Ausstieg ist erreicht und wir sind endlich oben!

Gipfel - Eeyores Tail

Für diese Aussicht hat sich auch der Kamin gelohnt und bei der obligatorischen Gipfelbrotzeit entspannen wir in der Sonne. Über den "Scramble Trail" (mehr kann man das wirklich nicht nennen) geht es wieder zurück zum Parkplatz. Die Sonne ist mittlerweile schon hinter den Berggipfeln verschwunden, doch der Sprung in den kalten Fluss muss trotzdem sein. Das Abendessen gibt es im Anschluss auch direkt hier, während die Sterne langsam am Himmel auftauchen. Was sollen wir noch sagen - perfekter Klettertag - als wäre er genau so geplant gewesen :-)

Quick Facts: Eeor

  • Route: Eeyore's Tail, 10SL (5.8)
  • Topo: ältere Version gibt es hier
  • Zustieg: ca. 1h
  • Expo: Süd-Ost
  • Gear: ein Satz BD #0.3-3. 60m Halbseile oder Einfachseil
  • Getting Down: Abstieg über Wanderweg zurück zur Spray Road